Gesundheit
Bericht: Qualität der Pflege in Altenheimen droht zu sinken
GDN -
In Deutschlands Altenheimen droht die Qualität der Pflege zu sinken. Bundesweit steigt derzeit auf Initiative der Bundesregierung die Zahl der angelernten Helfer, die Heimbewohner sozial betreuen sollen: Laut Recherchen der "Welt am Sonntag" werden diese sogenannten Betreuungsassistenten tatsächlich aber in vielen Heimen gesetzeswidrig für Aufgaben ausgebildeter Pfleger eingesetzt, müssen etwa Bewohner allein waschen oder im Bett lagern, ihnen Medikamente verabreichen oder ihnen Essen anreichen.
Für die Bewohner habe das Risiken: Würden sie nicht von ausgebildeten Pflegern versorgt, könnten sie sich nach Ansicht von Experten lebensgefährlich verschlucken, stürzen oder Druckgeschwüre entwickeln. "Das Problem mit den Betreuungsassistenten ist uns bekannt", sagte Christel Bienstein, Pflegeprofessorin von der Universität Witten-Herdecke. Zwar sei der Ansatz gut, doch in der Praxis zeige sich, dass es an Fachpersonal mangele - und dieser Mangel durch die Alltagsbegleiter nicht sinnvoll kompensiert werden könne. Seit Anfang dieses Jahres können Heimbetreiber von den Pflegekassen Lohnzuschüsse für die sogenannten Betreuungsassistenten für alle Heimbewohner beantragen. Bis dato galt dies lediglich für Demenzkranke. Durch die neue Gesetzesregelung wird sich die Zahl der angelernten Helfer nach Erwartung der Bundesregierung auf rund 45.000 nahezu verdoppeln. Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe und der Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Karl-Josef Laumann (beide CDU) verbuchen den Anstieg als Erfolg für ihre Bemühung um eine Verbesserung der Situation in der Pflege. Berufsverbände und Oppositionspolitiker dagegen werfen der Bundesregierung vor, mit dem Ausbau des Modells Betreuungsassistent eine Deprofessionalisierung der stationären Altenpflege in Kauf zu nehmen. Der Fachkräftemangel in der Altenpflege in Kombination mit den nun verfügbaren billigen Helfern lade Heimbetreiber dazu ein, die Betreuungsassistenten in der Pflege einzusetzen, sagte Johanna Knüppel vom Deutschen Berufsverband für Pflegeberufe (DbfK). "Anstatt die Pflegefachkräfte in den Heimen tatsächlich zu entlasten, wird die Versorgung auf immer mehr pflegerische Laien übertragen." Aus politischer Sicht habe eine solche Strategie gleich mehrere Vorteile: "Sie kaschiert die durch den Fachkräftemangel entstandene pflegerische Unterversorgung in vielen Heimen, sorgt für positive Schlagzeilen, und gleichzeitig schafft sie Arbeitsplätze für Langzeitarbeitslose." Die pflegepolitische Sprecherin der Grünen, Elisabeth Scharfenberg, forderte eine kritische Überprüfung des Modells Betreuungsassistent. "Wenn sich die Vorwürfe bestätigen, dass zusätzliche Betreuungskräfte in größerem Ausmaß Pflegefachkräfte ersetzen, muss die Bundesregierung gesetzliche Regelungen erlassen, die diesen Missbrauch verhindern." Scharfenberg findet, in Deutschland sei ein "fortschreitender Werteverfall der Pflegeleistungen" im Gange. Dagegen sagte der gesundheitspolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Jens Spahn (CDU), in der täglichen Praxis sei Pragmatismus sinnvoll. "Betreuungskräfte sollen nicht pflegen, aber zumindest Essen reichen dürfen. Alles andere ist lebensfremd."
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