Gesundheit
Bericht: Viele Arztpraxen für Behinderte schlecht zugänglich
Danach verfügen nur 22 Prozent der Arztpraxen für Allgemeinmedizin über einen ebenerdigen beziehungsweise für Rollstühle geeigneten Zugang oder einen Aufzug. Am besten sieht es nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums noch bei den Radiologen aus, bei denen gut jede dritte Praxis als barrierefrei eingestuft wird. Am schlechtesten schneiden demnach Zahnmediziner und Kieferchirurgen ab: Nur 15 Prozent ihrer Praxisräume sind für Rollstuhlfahrer überwindbar. Auch Parkplätze für Behinderte, leicht zugängliche Toiletten oder spezielle Untersuchungsmöbel seien eher selten. Dies böten im Durchschnitt nicht einmal zehn Prozent aller Praxen. Solche Angebote seien "bereits die Ausnahme", heißt es in der Antwort des Gesundheitsministeriums. Die stellvertretende Vorsitzende der Links-Fraktion, Sabine Zimmermann, die die Anfrage gestellt hatte, sagte: "Es ist bedauerlich, dass in nur so wenigen Arztpraxen Patienten mit Beeinträchtigungen behandelt werden können". Für viele Behinderte sei "die gesetzliche verbriefte Arztwahl nicht gewährleistet". Verena Bentele, die neue Behindertenbeauftragte der Bundesregierung, dringt ebenfalls darauf, mehr zu tun: "Deutlich mehr als zehn Prozent der Deutschen haben eine Behinderung. Das heißt im Umkehrschluss: Mindestens jeder Zehnte braucht besondere Voraussetzungen, um eine optimale medizinische Versorgung zu erhalten." Gebärdensprach-Dolmetscher für gehörlose Menschen, barrierefreie Untersuchungsmöbel oder auch ein behindertengerechtes WC müssten deshalb im Bedarfsfall verfügbar sein. Bei neuen Zulassungen sollte auch das Kriterium Barrierefreiheit entscheidend sein, sagte sie der SZ. Die Bundesregierung will sich nun dafür stark machen, "dass bis zum Jahr 2020 Arztpraxen zunehmend barrierefrei zugänglich werden", so wie dies im Nationalen Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention geplant ist. "Vorgesehen ist, dass die Bundesregierung gemeinsam mit der Ärzteschaft hierfür ein Gesamtkonzept vorlegt", kündigte das Gesundheitsministerium an. Derzeit werde geprüft, welche Anreize sich setzen ließen, "um die Anzahl barrierefreier Einrichtungen zu erhöhen". Die Linken-Politikerin Zimmermann bewertete dies positiv. Ein solches Programm müsse aber "substanzielle Fortschritte ermöglichen und darf sich nicht auf unverbindliche Absichtserklärungen beschränken", warnte sie. "Hier muss es auch darum gehen, Geld zur Verfügung zu stellen und die Ärzte zu unterstützen." Dafür setzt sich auch die Behindertenbeauftragte Bentele ein: Wichtig wären Fördermöglichkeiten für den Umbau bestehender Praxen, sagte sie. Dagegen hätten auch die Mediziner nichts einzuwenden. Ein Sprecher der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) warnte allerdings davor, Ärzte, die sich vor Jahren für einen Standort entschieden hätten, im Nachhinein zu Investitionen von etlichen tausend Euro zu zwingen. "Darüber müssen die Ärzte selbst entscheiden können." Der KBV-Sprecher kann sich aber vorstellen, dass zum Beispiel zinsgünstige Förderkredite der Staatsbank KfW helfen könnten, die Investitionen anzukurbeln. In Deutschland sind mehr als sieben Millionen Menschen schwerbehindert.
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