Gesundheit
Apotheken und Pharmabranche kritisieren Einsparungen
GDN -
Nach den Skandalen um verunreinigte und mangelhafte Medikamente wehrt sich eine breite Front aus Apothekern, Unternehmen und Verbänden gegen einen immer stärkeren Zwang zur Kostenersparnis im Gesundheitssystem. Auslöser sind die jüngsten Skandale um den Blutdrucksenker Valsartan und um minderwertige Krebs-Medikamente.
Beide Fälle legten offen, dass viele Medikamente aus Kostengründen in Billiglohnländern produziert werden, wo die Kontrollen oft nicht genau genug sind. Dies gilt als eine der Hauptursachen für die Zunahme von Medikamenten-Rückrufen und Lieferengpässen bei Arzneien in jüngster Zeit. "Die Politik hat viel zu lange nur zugeschaut und muss jetzt endlich handeln", sagte der Präsident des Apothekerverbandes, Friedemann Schmidt, der "Welt am Sonntag". Er forderte, entweder die Aufsicht massiv aufzustocken. Das allerdings würde erhebliche staatliche Mehrausgaben bedeuten. Oder aber die Fehlanreize am oberen und unteren Preisende bei Medikamenten zu beseitigen. "Dann müssen die Krankenkassen womöglich aber auch mehr für die zuverlässige Versorgung ihrer Versicherten bezahlen", sagte er. "Eine sichere Arzneimittelversorgung ist nicht zum Schnäppchenpreis zu haben." Auch die Pharmaindustrie sieht trotz aller Versprechungen seitens der Politik wichtige Voraussetzungen nach wie vor nicht erfüllt, um zu verhindern, dass die Medikamentenproduktion immer stärker in Billiglohnländer abwandert. Etwa 80 Prozent der in Deutschland verfügbaren Wirkstoffe kommen mittlerweile aus dem Ausland. "Die Bundesregierung sollte jetzt Maßnahmen auf den Weg bringen, um den Produktionsstandort Deutschland zu stärken", sagte Bork Bretthauer, Geschäftsführer beim Branchenverband Pro Generika. Dazu zähle auch eine Änderung des Patentrechts. Die Branche glaubt, einiges getan zu haben, um die Sicherheit von Arzneien zu verbessern. "Die Maßnahmen der Hersteller bleiben wirkungslos, wenn Politik und Behörden nicht flankierend unterstützen", kritisierte Hagen Pfunder, Chef von Roche Deutschland, der "Welt am Sonntag". "Insgesamt ist die Debatte über mindere Qualität und auftretende Arzneimittelfälschungen sehr scheinheilig", sagte er. "Einerseits wollen wir in Deutschland innovative Branchen, ein hohes Lohnniveau und Produkte von bester Qualität. Nur bezahlen wollen wir Deutsche dafür möglichst wenig. Das fängt bei Lebensmitteln an und hört bei Medikamenten auf." Im Bundesgesundheitsministerium hält man sich zu den aktuellen Vorfällen und der sich daraus ergebenden Debatte bedeckt. "Jeder Fall, bei dem möglicherweise gegen arzneimittelrechtliche Regelungen verstoßen wird, muss im Sinne der Patientensicherheit zügig und sorgfältig durch die zuständigen Behörden untersucht werden", ließ das Ministerium auf Anfrage wissen. Insgesamt ist zwischen 2006 bis 2016 die Zahl der Medikamenten-Rückrufe eines Jahres von 63 auf 105 gestiegen.
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